Rathaus und Gemeindeverwaltung
Die Gemeindeverwaltung übten bis 1838 der Dorfrichter und seine vier Schöppen aus. Wichtige Gemeindeangelegenheiten wurden in den Gemeindeversammlungen beraten. Dazu berief man sämtliche Bauern, Gärtner, Alt-, Auen- und Neuhäusler ein. Die „Unangesessenen“ waren ausgeschlossen. Der Richter mußte „das Schöppenbuch“ führen. Er dufte es nie aus der Hand geben. Leider sind die alten Schöppenbücher verloren gegangen. Erst ab 1700 sind Aufzeichnungen vorhanden. In Meißnisch-Ohorn befand sich das Richteramt fast 100 Jahre lang in den Händen der Bauernfamilie Philipp (Nr. 146 im Oberdorf). In Böhmisch-Ohorn saßen die Richter auf dem Gut Nr. 30, von 1809 ab war es die Familie Freudenberg. Als Ohorn aus vier Gemeinden bestand (1839 bis 1856) waren die Gemeindevorstände:
Johann Traugott Schöne in Nr. 33 (= bei Richters!) für Böhmisch-Ohorn, bäuerlicher Anteil,
Traugott Philipp, Nr. 53, für Böhmisch-Ohorn, herrschaftlicher Anteil, die Bauern Günther, Horn, Rammer für Meißnisdi-Ohorn, bäuerlicher Anteil, die Bauern Philipp und Prescher für Meißnisdi-Ohorn, herrschaftlicher Anteil.
Am 7. März 1839 fanden erstmalig Gemeinderatswahlen statt. Durch die Landgemeindeordnung bekamen die Gemeinden größere Selbständigkeit. Auch die Unansässigen durften sich einen Vertreter wählen. Die Gemeindevertreter brauchten sich nicht mehr vom Gutsherrn bestätigen zu lassen. Im folgenden seien sämtliche Ohorner Bürgermeister seit der Gründung der Gesamtgemeinde Ohorn (1857) aufgeführt: 1. Bandfabrikant Eduard Wehner. 2. August Horn. 3. Ernst Mager. 4. Moritz Birnstein. 5. Emil Schäfer (erster hauptberuflicher Gemeindevorstand). 6. Georg Scheffler aus Zschöllau bei Oschatz, er führte als erster den Titel Bürgermeister. 7. Franz Otto Rammer, er wurde 1926 auf sechs Jahre verpflichtet. Vorher war er Gemeindeältester, Bürgermeisterstellvertreter und Vorsitzender des Schulausschusses. Insgeamt hat er 21 Jahre lang der Gemeinde gedient. 8. Richard Kretschel. Er wurde 1932 ebenfalls auf sechs Jahre in Pflicht genommen. Auch Richard Kretschel stand bereits seit 1919 in Gemeindediensten. 9. Erich Wähner wurde 1933 der Nachfolger Kretschels, da dieser nach der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus aus politischen Gründen entlassen wurde. 10. Arthur Ullrich. 11. Richard Gärtner. Er lenkte die Geschicke der Gemeinde in den ersten schweren Jahren des Wiederaufbaues und trug tatkräftig zum Gelingen des schönen Heimatfestes bei.
Die Beratungsstätte der Gemeindehäupter war in früheren Jahren die Wohnung der Richter. Sie waren ehrenamtlich tätig. Nach Gründung der Gesamtgemeinde wurde dem Vorstand ein Jahresgehalt von ganzen 20 Talern bewilligt. Die Gemeinderatssitzungen der Gesamtgemeinde fanden in der Philippschen Schänke (in der jetzigen Eiche) statt, später wurde die Friedrichshöhe bzw. der Obergasthof Tagungsstätte. 1925 konnte man endlich in das aus dem Obergasthof erstandene stattliche Rathaus einziehen. Ein Rathaus zu errichten, war inzwischen eine dringende Notwendigkeit geworden. Der Umbau des Obergasthofes wurde allerdings eine kostspielige Angelegenheit. Die verschieden hohen Stockwerke mußten auf einheitliche Höhe gebracht werden. Das Gebäude wurde wesentlich vergrößert. Erweiterungsbauten mußten vorgenommen werden. Unser Rathaus enthält zwei Verwaltungsräume, zwei Sparkassenräume, drei Räume für die Krankenkasse, einen Sitzungssaal, die Ratskellergastwirtschaft, den Ratskellersaal, ein Vereinszimmer, vier Wohnungen, Schlachthaus, Kühlanlage, Stall, Waschhaus. Die Gesamtkosten betrugen 179.713 Mark.