Ohorns neuere Geschichte (1871 bis 1949)
Der erste Weltkrieg
Daß Ohorn all die geschilderten Nöte der Frondienste und der Kriegswirren verhältnismäßig gut überstand, ist dem Umstand zu verdanken, daß es sich aus einer rein bäuerlichen Gemeinde allmählich zur Industriegemeinde entwickelte. Während der sogenannten Gründerjahre entstanden die heute noch bestehenden großen Bandfabriken und die zahlreichen Hauswebereien, viele der Hausweber wurden allmählich zu Fabrikanten und Verlegern. Das brachte natürlich auch eine stärkere soziale Schichtung der Bevölkerung mit sich. Die Fabrikanten und ihre Frauen bildeten eine eigene Gesellschaftsklasse, den Mittelstand, während die Arbeiter und kleinen Häusler das Proletariat bildeten, viele waren politisch organisiert und gehörten der Sozialdemokratischen Partei an, es waren die „Roten“.
Im Weltkrieg 1914 bis 1918 mußte Ohorn reichen Blutzoll zahlen. 65 der einberufenen Soldaten kehrten nie mehr zurück, 65 junge Menschen, die sich einst in unserem Ohorn ihrer Kindheit und Jugend erfreuten. Ihre Namen sollen nicht vergessen sein. Wir finden sie in Stein gehauen am Ehrenmal auf dem Schleißberge.
Uns allen sind die Nöte des letzten Krieges in so lebhafter Erinnerung, daß dadurch vieles aus dem ersten Weltkriege verblaßt und vergessen ist. Es ist darum ganz interessant, einiges aus dieser schweren Zeit und aus den in mancher Hinsicht noch schwereren Nachkriegsjahren in Erinnerung zu bringen: 1915 wurde das Brot rationiert, es war mit Kartoffeln gestreckt und oft kaum genießbar. Im sogenannten Kohlrübenwinter 1916/17 herrschte große Kartoffelknappheit. In Ohorn wurde eine Volksküche errichtet. Täglich gab diese Küche (im Erdgeschoß der „Schulfabrik“) bis zu 800 Portionen aus, insgesamt 532 000. Sehr knapp wurde Fleisch und Butter, die Wochenration an Butter wurde von ein Viertel Stück auf ein Achtel reduziert. Es gab keine Kohlen, keine Textilien, kein Schuhwerk. Der Schwarzhandel blühte. Für ein Ei zahlte man 1 Mark, für Roggen 70 bis 100 Mark pro Zentner, Kartoffeln kosteten hintenherum 30 Mark — Butter das Stück 15 Mark. Der Gesundheitszustand unserer Schulkinder war äußerst schlecht, von 200 untersuchten Knaben waren nur 50 leidlich normal ernährt, 150 zeigten leichte bis schwerste Fälle von Unterernährung. Viele waren Tbc-gefährdet, eine erschreckend große Zahl zeigten Neigung zu Rückgratverkrümmung. 1920 setzten darum auch in Ohorn die Quäkerspeisungen ein.
Während des Krieges fanden insgesamt 36 Sammlungen statt, fast immer mit Unterstützung der Schule und der Lehrer. Es gab Wollesammlungen, Brennessel- und Laubheusammlungen, es gab die Raucherhilfe, die Kriegerfürsorge, das Rote Kreuz, es wurden Kriegsanleihen gezeichnet usw.
Trotz der eigenen großen Not nahm unsere Gemeinde unter der Parole: Stadtkinder aufs Land( 66 Kinder aus Dresden, Leipzig, Chemnitz, Bautzen und Zittau auf. Ohorner Bratkartoffeln und Ziegenmilch taten Wunder, die Kinder fuhren mit gesunden, dicken Backen wieder nach Hause, sie hatten bis zu 16 Pfund Gewichtszunahme.
In den Nachkriegsjahren stieg die Not. 1920 begann die unselige Inflationszeit, eine Mark galt noch 7 Pfennige, ein Pfund Butter kostete 30 Mark, ein Anzug 2000 Mark.
1923 zählte Ohorn über 400 Arbeitslose. Im November 1923 hatte die Inflation astronomische Zahlen erreicht: Ein Pfund Butter kostete 6000 Milliarden, eine Schachtel Streichhölzer 55 Milliarden. Am 20. November 1923 wurde mit der Einführung der Rentenmark diesem Spuk ein Ende bereitet.
Die allgemeine Notlage führte auch bei uns um 1930 herum zu immer stärkeren politischen Spannungen, auch hier erhofften sich viele vom aufkommenden Nationalsozialismus eine Besserung ihrer Lebenslage. Die Machtübernahme im Staate durch Hitler und die NSDAP wirkte sich in Ohorn in Entlassungen, Verhaftungen und Umbesetzung von Beamtenstellen aus. Der damalige Bürgermeister Richard Kretschel wurde beurlaubt, ebenso der Obersekretär Paul Frenzel bei der Sparkasse. Der Lehrer Damme und die Lehrerin Schmidt wurden entlassen.
Der Bau der Reichsautobahn, die ja auch durch Ohorn führt, erforderte viele Arbeitskräfte. Einige Firmen profitierten von den Riesenaufträgen, die zur Ausrüstung der schnell wachsenden militärischen Verbände erteilt wurden. Sehr bald erhob sich das Gespenst des nahenden Krieges.
Unsere im Weltkriege 1914-1918 gefallenen Helden Die Gemeinde Ohorn |
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Max Bürger 3.9.14 Saucerey |
Otto Birnstein verm. 25.9.15 Somme |
Franz Mager 18.4.17 Prosnes |
Emil Schölzel 7.9.14 Lennharee |
Franz Teubel 29.9.15 Bery au bac |
Emil Kaiser 1.5.17 La Neuville |
Friedrich Bürger 8.9.14 Lennharee |
Bernhard Anders 2.10.15 franz. Gef. |
Georg Wappler 5.5.17 Chemin de dames |
Otto Körner 8.9.14 Sommesous |
Paul Nitzsche 9.10.15 Tahure |
Max Philipp 18.7.18 Warneton |
Arthur Haufe 17.9.14 Moronvilliers |
Erhard Grundmann 22.10.15 St. Eloi |
Erhard Bürger verm. 17.4.18 Courthiery |
Hans Hesse verm. 19.9.14 (Marne) |
Bernhard Göde 30.10.15 La bassee ville |
Kurt Philipp 18.7.18 Lille |
Arthur König 21.9.14 La ville aux bois |
Emil Prescher 15.3.16 St. Souplet |
Otto Kleinstück 18.7.18 Le Plessier |
Paul Kaiser 22.9.14 La ville aux bois |
Paul Herrlich 20.4.16 Bethincourt |
Erich Hesse 21.7.18 Le Plessier |
Paul Käppler verm. 26.9.14 La ville aux bois |
Bruno Freudenberg 7.7.16 Bellog |
Georg Steglich 21.7.18 Le Plessier |
Martin Wappler 16.10.14 Toulouse |
Max Schäfer 20.7.16 Somme |
Arno Röntzsch 25.7.18 Balancheres |
Paul Schäfer 26.10.14 Kruiseik |
Max Rammer 24.7.16 Somme |
Oskar Oswald 28.8.18 Folembrey |
Otto Bürger 22.10.14 Laz. Kamenz |
Franz Schäfer 5.9.16 Clery |
Franz Philipp 31.8.18 Ryaulcourt |
Max Gäbler 1.11.14 Velthock |
Franz Rammer 5.9.16 Chaulnes |
Arthur Wehner 2.9.18 Kachowka |
Max Oswald 13.12.14 Hamburg |
Willy Bürger 3.10.16 Lens |
Erwin Gräfe 16.9.18 Thiaucourt |
Otto Prescher 25.1.15 Hurtebise |
Franz Schreier 10.10.16 Nesle |
Paul Schöne 10.10.18 Laz. Dresden |
Max Schölzel 1.5.15 Courey |
Johannes Zscheile 10.10.16 Somme |
Paul Schöne 18.10.18 Cunel |
Hermann Menschner 14.5.15 Zonnebeke |
Franz Oswald 13.10.16 Broville |
Edwin Freudenberg 23.10.18 Eiraye |
Max Wähner 11.8.15 Bambrowa |
Kurt Beyer verm. 19.10.16 Somme |
Kurt Rasche 26.10.18 Trier |
Paul Oswald 11.8.15 Zambrowo |
Otto Petzold 13.12.16 Zonnebeke |
Max Hennig 1.11.18 Ohorn |
Emil Schmidt 13.8.15 N. Georgiewsk |
Alwin Bürger 5.2.17 Focsani |
Anton Freudenberg 5.12.18 Laz. Wilna |
Erwin Freudenberg verm. 25.9.15 Loos |
Ewald Anders 25.12.18 Laz. Hegsdorf |
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Karl Grundmann 25.9.15 Souchez |
Max Oswald 22.2.17 Laz. Dresden |
Max Hähnel 27.4.22 Großschweidnitz |
Ich durfte mein armes Leben der lieben Heimat geben, ist auch für dich getan! |