Der zweite Weltkrieg in Ohorn
In der Nacht zum 26. August 1939 wurden an die hundert Männer alarmiert, sie mußten am Morgen zum großen Teil auf den Mobilmachungsplätzen in und um Elstra und im Lager Königsbrück erscheinen.
Am 1. September wurde der Ort erstmalig verdunkelt, die ersten Lebensmittelkarten wurden ausgegeben. Auf der Autobahn rollten Tag und Nacht die Transporte.
Ende 1939 waren bereits über 200 Ohorner Einwohner einberufen, am 1 9.1944 waren es 489.
Und wieder mußte Ohorn viele Opfer bringen. Ende 1944 waren bereits 87 Ohorner als gefallen gemeldet, 35 waren vermißt und sind bis auf wenige auch nicht wiedergekommen. viele davon waren in den Kämpfen um Stalingrad eingesetzt. Im Ohorner Kirchsaal wurde in Form eines Altars eine Ehrentafel mit den Namen der Gefallenen errichtet, sie mußte durch Flügel nach rechts und links erweitert werden — das große Sterben nahm kein Ende. Auf diesen Tafeln finden sich 90 Namen.
Außerdem sind noch 100 Männer als gefallen oder vermißt gemeldet. Auf den Seiten 50 und 51 sind alle diese Namen festgehalten.
Die Verknappung der Lebensmittel wurde immer fühlbarer. Oft bekam der Ort Einquartierungen, 1944 wurde hier aus allerletzten Reserven noch ein Bataillon Grenadiere neu zusammengestellt. Ohorn war ein einziges großes Heerlager, auch die Schule mußte geräumt werden, der Schulunterricht fand in Fabrikräumen statt.
Eine große Anzahl Gefangener und sogenannte Ostarbeiter kam nach Ohorn. Der Betrieb Emero nahm immer größere Ausmaße an, und benötigte viele zusätzliche Arbeitskräfte. Nach einem besonderen Verfahren wurden hier Brems- und Kupplungsbelege, vor allem für Panzerwagen, hergestellt. 1944 waren 30 Franzosen, 110 Russen und 49 Serben beschäftigt.
Pfingsten 1944 wurden die ersten großen amerikanischen Bombengeschwader über Ohorn gesichtet. Nur einmal wurden Bomben abgeworfen. Sie richteten zum Glück nur wenig Schaden an, da sie (im Ortsteil Röderhäuser) auf weichen Ackerboden fielen.
Vom Januar 1945 ab wurden die erst vereinzelt auftretenden Flüchtlingstrecks zu einem nicht mehr abreißenden Strom. Ganze Ortschaften zogen auf Bauernwagen durch Ohorn. Erschütternde Szenen spielten sich ab, die Bewohner der Bezirksstraße hatten fast täglich Nachtgäste. Nur selten pochten die heimatlos Gewordenen vergeblich an die Türen, die meisten Ohorner gaben schöne Beispiele von Menschlichkeit.
In der Nacht des 13. Februar 1945 - der Dresdner Schreckensnacht — war auch Ohorn taghell erleuchtet. Ueber Dresden standen Tausende von sogenannten Christbäumen, es waren Leuchtfallschirme, die den Bombengeschwadern die Ziele für ihre todbringenden Lasten aufzeigten. Die Luft war von unheimlichem Rauschen erfüllt — immer neue Wellen flogen an — kaum ein Ohorner fand in dieser Nacht Schlaf, alle standen vor den Häusern, bangen Herzens erlebten sie die Zerstörung einer Großstadt und die Vernichtung von 30 000 Menschen mit.
Am 12. November 1944 wurden die wenigen in Ohorn verbliebenen Männer unter 60 Jahren zu einer Volkssturm-Kompanie zusammengestellt. Sie gehörte dem Pulsnitzer Volkssturmbataillon an, der Volkssturm sollte den Ort verteidigen, sobald sich die Kampffront bis hierher verlagern würde — eine von vornherein aussichtslose Sache, da es keine Ausrüstung und Bewaffnung mehr gab, die Männer waren gar nicht oder nur mangelhaft ausgebildet — bei den meisten war keinerlei Einsatzwille vorhanden, sie gehorchten nm dem Zwang.
Die Kampffront rückte nun täglich näher, im Orte wurden Panzersperren errichtet. Am 20. April 1945 wurde der Ort teilweise evakuiert, vor allem sollten sich alle Frauen mit kleinen Kindern absetzen. Als vorläufige Ziele wurden genannt: Waltersdorf bei Rathen, der kleine Ort Bahra bei Gottleuba, schließlich Außig. In der Nacht vom 21. zum 22. April wurde Ohorn von polnischen Truppen, die unter sowjetischer Führung standen, besetzt. Der Volkssturm, der die Eingangsstraßen verteidigen sollte, hatte sich in letzter Minute kampflos zurückgezogen. 33 Häuser, die Wirtschaft Arthur Klare und die Fabriken von Geyer & Co., von C. H. Schäfer und Bernhard Rammer gingen in Flammen auf.
Deutsche Truppen, die am 26. April wieder auf einige Tage in Ohorn einrückten, befahlen am 5. Mai die völlige Räumung des Ortes. Mit Handwagen, Pferdefuhrwerken, Autos flüchtete nun alles über Seeligstadt nach Richtung Schandau und dem Osterzgebirge. Ohorn war bis auf wenige Zurückgebliebene leer. Das Vieh wurde von den Truppen nach den südlichen Dörfern weggeschafft. Am 7. und 8. Mai verließen die deutschen Truppen den Ort und sowjetische Truppen besetzten Ohorn, ohne Widerstand zu finden. Nach der bedingungslosen Kapitulation kehrten am 9. und 10. Mai die ersten Flüchtlinge wieder zurück — eine ganze Anzahl war nur bis Seeligstadt gekommen. Die sowjetische Kommandantur in Kamenz setzte den als Antifaschisten bekannten Richard Gärtner als kommissarischen Bürgermeister in Ohorn ein. Er stellte sofort einen Trupp von 50 Sicherheitspolizisten zusammen, mit ihnen und einsatzwilligen Einwohnern ging er sofort ans Werk, eine neue Gemeindeverwaltung aufzubauen und das Leben wieder in normale Bahnen zu bringen.
Als erstes wurden die Panzersperren und andere Kriegsspuren beseitigt. Vor allem galt es, der Hungersnot zu wehren. Die Gemeinde war völlig auf sich selbst gestellt. Immer wieder mußten die Bauern angegangen werden, von ihren Beständen abzugeben, sie begannen aber sofort, ihre Felder zu bestellen und brauchten Saatgetreide und Samenkartoffeln. Da die Bauern keine Arbeitskräfte mehr hatten, wurden freiwillige Hilfstrupps gebildet. Während der Heuernte zogen jeden Morgen die Schnitterkolonnen hinaus und halfen den Bauern bei ihrer Arbeit. Alles Mehl war von den deutschen Truppen mitgenommen worden. Nach vielen Bemühungen gelang es dem Bürgermeister dank seiner Beziehungen aus einer anderen Gemeinde soviel Mehl zu bekommen, daß pro Kopf und Woche 2 Pfund Brot ausgegeben werden konnten. Bretnig half mit Oel, es fand sich dort ein Lager technischen Oeles, es war für die menschliche Ernährung nicht geeignet, trotzdem drang zwei Wochen lang aus allen Küchenfenstern der durchdringende, beißende Oelgeruch vom Kartoffelpufferbacken. — Neue große Belastungen brachte der Flüchtlingsstrom und die ungeheuren Massen zurückkehrender Ostarbeiter und Gefangener, eine unübersehbare Menschenschlange bewegte sich viele Wochen lang auf der Reichsautobahn durch Ohorn. Die Sicherheitspolizei versuchte, den sich Tag für Tag über den Ort ergießenden Umsiedlerstrom in einigermaßen geordnete Bahnen zu lenken. Viele baten lediglich um ein Obdach für eine Nacht und um etwas Essen. Die Bauern hatten täglich Nachtgäste. Manche versuchten auch, auf eigene Faust zu requirieren.
Zirka 400 Umsiedler aus Schlesien, Pommern und dem Sudetenland waren als Neubürger aufzunehmen.
Die Kirchgemeinde Ohorn ihren Gefallenen 1939 -1945 | ||
---|---|---|
Helmut Tetzlaff | Volkmar Clauß | Helmut Frenzel |
Alfred Grohmann | Oswin Schmidt | Kurt v. Wolffersdorff |
Gotthard Horn | Rudi Richter | Adolf Wörn |
Herbert Freudenberg | Georg Hübner | Hans Schäfer |
Herbert Grundmann | Georg Schäfer | Gerold Mager |
Gerhard Oswald | Johannes Senf | Gerhard Schölzel |
Rudolf Prescher | Heinz Riedel | Willy Gärtner |
Georg Schöne | Rudi Kretschel | Kurt Seifert |
Helmut Fröhlich | Martin Ziegenbalg | Kurt Oswald |
Czeslaw Stepien | Walter Störr | Erwin Paulusch |
Reinhard Auerbach | Bruno Bürger | Walter Haufe |
Gerhard Rudolf | Max Jany | Konrad Kühne |
Reinhard Kaiser | Karl Bürger | Erich Berger |
Erwin Frenzel | Gustav Gnauck | Rudi Frenzel |
Arno Grundmann | Fritz Wappler | Siegfried Roßner |
Otto Arnold | Gotthard Gutmann | Georg Bohata |
Walter Kaiser | Alfred Haufe | Paul Rasch |
Fritz Henze | Friedrich Petzold | Willy Dunkel |
Werner Mager | Gerhard Kegel | Rudi Jentsch |
Hugo Schölzel | Fritz Pröwig | Johannes Winter |
Karl Söhnel | Heinz Kleinstück | Herbert Grohmann |
Gerhard Jentsch | Walter Schäfer | Erich Oswald |
Herbert Schöne | Reinhard Lange | Hartmut Horn |
Herbert Bürger | Erich Walter | Alfred Lehnert |
Lothar Hennig | Helmut Horn | Kurt Senf |
Walter Roßner | Johannes Frenzel | Max Horn |
Erich Hartmann | Paul Schmidt | Alfred Kauffelt |
Rudi Steglich | Kurt Mager | Martin Freudenberg |
Walter Großmann | Walter Freudenberg | Manfred Horn |
Kurt Pätzold | Günther Höfgen | Erich Rietschel |
Außerdem sind noch folgende Ohorner Männer als gefallen oder vermißt gemeldet: |
||
Erwin Garten | Erhard Wähner | Walter Lunze |
Friedrich Lettau | Kurt Ziegenbalg | Oswin Megel |
Walter Philipp | Karl Angermann | Martin Fischer |
Egon Dörschel | Kurt Jährig | Paul Hirte |
Arno Schäfer | Franz Beyer | Erich Rasche |
Erich Born | Friedrich Höhne | Martin Mager |
Alfred Haufe | Alfons Diebel | Erwin Rietschel |
Kurt Ziegenbalg | Reinhard Freudenberg | Arthur Schölzel |
Willy Oswald | Artur Schöne | Kurt Käppler |
Erich Eriedrich | Erich Kühne | Fritz Eisold |
Reinhard Schmidt | Fritz Milde | Martin Grohmann |
Helmut Frenzel | Rudi Johne | Heinz Herzog |
Oswin Oswald | Walter Schäfer | Johannes Ostermai |
Herbert Freudenberg | Martin Großmann | Erich König |
Paul Gräfe | Kurt Herrlich | Conrad Rasch |
Herbert Wendt | Heinz Röntzsch | Manfred Großer |
Hermann Kühne | Max Bernstein | Herbert Förster |
Erich Teubel | Walter Schmidt | Helmut Philipp |
Erich Seifert | Willi Staßak | Friedrich Jany |
Walter König | Gottfried Paufler | Herbert Thalheim |
Herbert Gläßer | Helmut Freudenberg | Georg Oswald |
Gottfried Heink | Willi Oswald | Konrad Mager |
Kurt Horn | Walter Kegel | Erhard Hübner |
Lorenz Janasek | Artur Kutsche | Richard Frenzel |
Albert Thalheim | Erich Garten | Rudi Berndt |
Ottokar Schäfer | Hans Oswald | Walter Schölzel |
Ernst König | Gerhard Philipp | Helmut Weise |
Herbert Berger | Kurt Karsch | Gottfried Hofmann |
Erich Diller | Erhard Mager | Herbert Garten |
Johannes Weickert | Johannes Rammer | Erich Bürger |
Karl Kühne | Herbert Prescher | Willi Gärtner |
Erich Barth | Heinz Stenzel | Gerhard Frömmel |
Oswin Weller | Herbert Garten | Richard Ziegenbalg |
Gerhard Schölzel | ||
Den Kriegswirren in Ohorn fielen in den Apriltagen 1945 zum Opfer: | ||
Walter Leupold | Franz Schmidt | Kurt Horn |
Joachim Hänsel | Hugo Garten | Otto König |
Bernhard Körner | Paul Berndt | Frieda Kaiser |
Otto Miertschke | Rudolf Oswald | Arthur Rammer |
Flora Berndt | Helene Schöne | Paul Winkler |
Anna Winkler | Otto Bürger | Bernhard Rammer |
Marie Rammer | Erwin Rammer | Gertrud Rammer |
Elsa Rammer | Liesbeth Rammer | Maria Rammer |
Erwin Burkhardt | Hildegard Burghardt | Annelies Burghardt |
Emil Burghardt | Bertha Freudenberg | Annelies Kroh |
Günther Kroh | Elsa Lange | Christa Lange |