Das Ohorner Heimatfest
Am 4. September 1949 - einem strahlend schönen Herbsttage — feierte unsere Gemeinde ihren sechshundertsten Geburtstag. Es war ein selten schönes Fest. Große, monatelange Vorbereitungen waren nötig gewesen. Ausschüsse wurden gebildet, in zahlreichen Sitzungen mußte manches schwierige Problem gelöst werden. In erster Linie war es Bürgermeister Richard Gärtner, der unermüdlich die Dinge vorwärts trieb. Für die Ausgestaltung des Festzuges zeichnete verantwortlich der Ausschuß Petermann, die Tombola bereitete Herr Oswin Käppler vor, die Ausgestaltung der Ausstellung lag in den Händen der Herren Rammer und Löhnert, die verantwortungsvollste und schwierigste Aufgabe: Finanzen und Wirtschaft, hatte Herr Richard Kretschel. Ihm ist es zu danken, daß das Fest auch finanziell gesehen zu einem großen Erfolge wurde.
Von fern und nah waren viele tausend Gäste gekommen. Alte Ohorner kehrten nach jahrzehntelanger Abwesenheit wieder einmal zurück an die Stätte ihrer Jugend — und alle Gäste werden sich noch lange Zeit gern an die schönen Tage erinnern. Der Höhepunkt des Festes war der historische Festzug. Da kamen sie leibhaftig dahergezogen, die ersten Siedler aus Franken und Thüringen mit ihrem mit Ochsen bespannten Planwagen. Michael Prescher, der alte Bandmacher, war auch wieder auferstanden und schritt mit seiner Garnhucke daher. Die „Fabrikanten" zogen mit der Schubkarre zur Leipziger Messe — eine sechsspännige gelbe Postkutsche mit einem echten Postillion rollte vorbei. In einer anderen Kutsche saßen die vier ältesten Ohorner: Frau Pauline Grundmann, Frau Auguste Birnstein, Paul Freudenberg und Ernst Ziegenbalg.
Unsere Betriebe zeigten auf geschmückten Festwagen ihre Arbeit und ihre Erzeugnisse.
Auf der Festwiese hinter der Mittelschänke entwickelte sich ein buntes Treiben. Eine zünftige Dorfkapelle musizierte unentwegt. Viel Zuspruch fand die Tombola. Weit über 1000 wertvolle Gewinne waren verlockend zur Schau gestellt. Den Kindern wurden vielerlei Belustigungen geboten.
In der Turnhalle war eine große Industrieausstellung. Jedem Aussteller — es waren insgesamt 53 - war eine Koje zugewiesen worden. Alle wetteiferten darin, ihren Stand recht ansprechend und interessant zu gestalten. Selbst für die Ohorner war es überraschend, vor Augen geführt zu bekommen, daß unser Ort ein durchaus beachtlicher Teil der Werkstatt Deutschland ist. Wie vielseitig ist doch die Konfektion des in Ohorn gewebten Bandes. Wie kompliziert ist der Jaquard-Webstuhl! Das geschmackvolle gewebte Festabzeichen entstand hier vor den Augen der Besucher. Die Firma C. H. Schäfer führte ihre CH-Getriebe vor.
Die Handwerksbetriebe zeigten ihre Erzeugnisse. Viel Beachtung fanden die modernen, formschönen Möbel unserer Tischler.
In einer Sonderausstellung „Alt-Ohorn“ sah man viele interessante Erinnerungsstücke aus Ohorns Geschichte. Bilder, Zeichnungen und sehr schöne Holzarbeiten zeugten vom Ohorner Laienschaffen.
Mit Festtanz in allen Sälen endete der ereignisreiche Tag. Unsere Schule feierte zugleich das siebzigjährige Bestehen des Schulgebäudes.