Interpretation des Gedichtes „Mei Heemdedorf“
Mei Heemdedorf
Wie schiöne öss doa onser Mohr´n,
mer muß´ch norr röchdch besahn,
Ond bösd du goar noa dord geborn,
kee schiöner Dorf forr dich words gahn!
An Schleeßbarg möd´n Boldsndsqualle,
bis weid dsorr Räder naus,
leids langgeschdrekd in griön´n Doale,
ond drinne schtiöht mei Voaderhaus.
Vom Schleeßbarg giöht mei Blick ins Land
Bis dso des Arzgeborges Hiöhn,
dsorr Audoboahne glidsernd Band
bis hin dsonn Schwednsteen.
Derrquöschn liegn dunle Wälder,
es grissd dr Dorm von Schwednsteen.
Draktoren duckern iöwer Felder,
ond bonde Blumn bliehn an Reen.
In onsn Häusern ond Foabrikn
Do rackerts´n gansn Dag.
Do dun se work´n, nähn ond schtröckn,
´s labd hie a fleißcher Menschnschlag.
Doa woarschde mo von Mohr´n ford,
triebs in de Wald dich naus,
dochsd du an dein´n Heemdeort
ond sagsd in Drom dei Voaderhaus.
Guckd´ch norr möd uff´n Oogn ömm,
viöl Schiönes koannsd noa sahn.
´S öss narne schiöner oals derheem,
a Dorf wie meins, dudds norgnds gahn.
Mein Heimatdorf
Wie schön ist doch unser Mohr´n,
man muss sich´s nur richtig besehn.
Und bist du gar noch dort geborn,
kein schöner Dorf für dich wird´s geb´n.
Am Schleißberg mit der Pulsnitzquelle
bis weit zur Röder raus,
liegt´s langgestreckt im grünen Tale,
und drinnen steht mein Vaterhaus.
Vom Schleißberg geht mein Blick ins Land
bis zu des Erzgebirges Höhn,
zur Autobahne glitzernd Band
bis hin zum Schwedenstein.
Dazwischen liegen dunkle Wälder,
es grüßt der Turm vom Schwedenstein.
Traktoren tuckern über Felder,
und bunte Blumen blühn am Rain.
In unsren Häusern und Fabriken,
da rackerts den ganzen Tag.
Da tut man weben, nähn und stricken,
es lebt ein fleiß´ger Menschenschlag.
Doch warst du mal von Ohorn fort,
triebs in die Welt dich raus,
dacht´st du an deinen Heimatort
und sahst im Traum dein Vaterhaus.
Guck dich nur mit offnen Augen um,
viel Schönes kannst noch sehn.
Es ist nirgends schöner als daheim,
ein Dorf wie meins, tut´s nirgend geb´n!
Im Dezember des Jahres 1952 verfasste Max Oswin Horn das Gedicht „Mei Heemdedorf“/ „Mein Heimatdorf“. In diesem beschreibt er unter Verwendung der Ohorner Mundart Eindrücke von seinem Heimatort Ohorn.
Das Gedicht besteht aus sieben Strophen mit jeweils vier Versen. Der erste und letzte Teil zeigt vom Aufbau her eine persönliche Wertung Horns zu Ohorn auf, der mittlere Teil besteht aus landschaftlichen Besonderheiten wie dem „Schleeßbarg“, der „Bolndsqualle“ und dem „Schwednsteen“. Diese typischen Landschaftsprägungen des Dorfes beschreibt M.O. Horn in je einer Strophe. Er verwendet dazu das Kreuzreimschema. Es bewirkt, dass das Gedicht in Sinneinheiten gegliedert ist und Fröhlichkeit, Dynamik und Lebenslust ausstrahlt. Schon beim ersten Lesen des Werkes ist auffällig, dass das gesamte Gedicht eine positive Wirkung hinterlässt. Horn beschreibt Ohorn mit einer liebevollen Art, die einen guten Eindruck über sein Dorf vermittelt. Er stellt Ohorn als einen Aussichtspunkt dar, von dem aus man gute Aussichten auf die gesamte Umgebung hat. Sehr auffallend am Gedicht ist, dass Max Oswin Horn als Dichter selbst das lyrische Ich verkörpert, er schildert also selbst seine persönlichen Eindrücke und Emotionen.
In der ersten Strophe fordert Horn seine Mitmenschen auf, sich den Ort Ohorn richtig anzusehen, um die Besonderheiten und das Schöne zu erkennen „…mer muß´ch norr röchdsch besahn“, Vers zwei. Auffällig im ersten Vers ist der Begriff „Mohr´n“. Dieses Wort gehört der Ohorner Mundart an und steht für „Ohorn“. Außerdem zeigt der Dichter auf, dass es für gebürtige Ohorner keinen schöneren Ort als ihr Heimatdorf gibt „...bösd du goar noa dord geborn, kee schiöner Dorf forr dich words gahn“, Verse drei und vier. Diese einleitende Strophe soll also vermitteln, dass man Ohorn lieb gewinnen kann, wenn man dort nicht einheimisch ist und dass man Ohorn für immer lieben wird, wenn man dort geboren wurde.
In der nächsten Strophe beschreibt Max Oswin Horn, in was für einer Landschaft Ohorn eingebettet ist. Der Leser erfährt, dass der Ort eine „Bolndsqualle“, das heißt den Bach „Die Pulsnitz“ und einen „Schleeßbarg“, den Schleißberg hat sowie einen Ortsteil „Räder“, die Röder, Verse eins und zwei. Im zweiten Teil dieser Strophe erwähnt er sein „Voaderhaus“ (sein Vaterhaus). Dieses steht symbolisch dafür, dass der Dichter ein gebürtiger Ohorner war und sozusagen die „Ehre“ hatte, in diesem schönen Ort zu leben.
In der dritten Strophe lässt Horn seinen Blick vom „Schleeßbarg“ aus schweifen, sieht dabei das Erzgebirge „des Arzgebörges Hiöhn“ (Vers zwei), den „Schwednsteen“ (Vers vier) und die „Audoboahne“, die Autobahn. Diese beschreibt er mit einer Metapher als „glidsernd Band“, womit gemeint ist, dass die fahrenden Autos in der Sonne glitzern. Hierbei wird deutlich, dass M.O. Horn sogar die Autobahn, welche ja eigentlich laut und grau ist, trotzdem als schön empfindet. Der dritte und vierte Vers ist mit einem Enjambement aufgebaut, welches den Lesefluss nicht unterbricht und somit das „Band“ der Autobahn unendlich erscheinen lässt. Diese Strophe lässt im Zusammenhang erkennen, dass Ohorn ein relativ hoch gelegener Ort ist, „…giöhd mei Blick ins Land“, Vers eins.
In der vierten und fünften Strophe schildert der Lyriker nicht nur landschaftliche Eindrücke, sondern auch das gesellschaftliche Leben im Ort. Es gibt in Ohorn eine ausgeprägte Landwirtschaft „Draktoren duckern iöwer Felder“ (Vers drei, Strophe vier). Auch dieses Ortsmerkmal beschreibt Horn wieder beschönigend und mit einer positiven Wirkung „bonde Blumn bliehn an Reen“ (Vers vier, Strophe vier). In Ohorn gab es viele Fabriken und Webereien, in denen sehr hart gearbeitet wurde „…Foabrikn do rackerts ´n gansn Dag…dun se work´n, nähn ond schtröckn…fleiß´cher Menschnschlag“ (Strophe fünf, Verse eins bis vier). Die Verse eins und zwei sind wieder durch ein Enjambement verbunden. Dieses stellt hier das lange Arbeiten in den Fabriken dar.
In der vorletzten Strophe hat man den Eindruck, dass der Dichter auch einmal für längere Zeit von Ohorn weg war und erkannt hat, dass es in der Fremde nie so schön sein kann wie in der Heimat und man immer an sein Zuhause denkt „…dochsd du an dein´n Heemdeort ond sagsd in Drom dei Voaderhaus“ (Verse drei und vier). Die letzten beiden Verse sind durch ein Enjambement verknüpft, welches dafür steht, dass man für immer an seinen Heimatort denkt.
In der letzten Strophe wird daraufhingewiesen, dass man seine Umgebung achtsam wahrnimmt, um Neues in seinem Heimatdorf entdecken zu können. Dies zeigt die Metapher „Guckd´ch norr möd uffn Oogn ömm“ (Man soll sich mit offenen Augen umsehen). Max oswin Horn stellt nun am Ende fest, dass es für ihn kein schöneres Heimatdorf als Ohorn gibt „…narne schönner oals derheem, a Dorf wie meins, dudds norgnds gahn!“.
Max Oswin Horn hat in diesem Gedicht seinen Heimatort bildlich dargestellt, indem er viele Metaphern verwendete. Es wird sehr deutlich, dass er sein Dorf über alles geliebt hat. Auch das Charakteristische, dass Horn in seinen Gedichten die Menschen und Eindrücke seines Heimatdorfes Ohorn beschreibt, kommt stark zum Vorschein. Ein weiterer Beweis dafür, dass es in diesem Gedicht um den Ort Ohorn geht, ist die auffällige Sprache. Horn verwendete Wörter der Ohorner Mundart, die er über viele Jahre hinweg gesammelt und aufgezeichnet hat. Somit ist das Werk „Mei Heemdedorf“ ein sehr repräsentatives Gedicht. Viele einheimische Ohorner können sich gewiss mit ihm identifizieren und erlangen dank Max Oswin Horns positiver Art des Schreibens vielleicht einen noch besseren Eindruck ihrer Heimat.
Ich finde dieses Gedicht über Ohorn sehr gelungen und ansprechend. Horn hat damit seine Liebe zu seinem Heimatort zum Ausdruck gebracht. Auch ich lebe gern in Ohorn und fühle mich hier wohl, denn es ist auch mein Heimatdorf. Leider kann ich die Ohorner Mundart selbst nicht gut sprechen, bemühe mich aber, sie zu verstehen und zu verinnerlichen.