Das Gerichtswesen in alter Zeit
Wie schon erwähnt, unterschied man in alten Zeiten eine obere und eine niedere Gerichtsbarkeit. Alle schweren Vergehen wurden vor dem oberen Gericht geahndet, z. B. Mordtaten, Brandstiftungen, Aufruhr. Für BöhmischOhorn war das Oberamt Budissin, für Meißnisch-Ohorn das Amt Radeberg zuständig. Das Amt Radeberg war wieder untergeteilt in fünf Lehngerichte, für Meißnisch-Ohorn war der Lehnrichter in Großröhrsdorf zuständig, der Amtmann in Radeberg war sein unmittelbarer Vorgesetzter.
Für andere, kleinere Rechtsfälle war das herrschaftliche Gericht im Ohorner Rittergut kompetent. Ihm stand der herrschaftliche Gerichtsdirektor, ein Jurist, vor. Er war ein gefürchteter Mann. Daß er bei allen Entscheidungen zuerst den Vorteil seines „allergnädigsten Herrn“ im Auge hatte, versteht sich von selbst.
Vor das herrschaftliche Gericht gehörten alle Gutskäufe, Hauskäufe, Erbteilungen, Zins-, Dienst- und Steuerangelegenheiten, Kirchen- und Schulangelegenheiten, Wegebauten, Grenzbestimmungen, Ausgedingeverträge —schließlich die Ahndung kleinerer Vergehen. Dieses herrschaftliche Gericht bestand bis 1856, es wurde vom Amtsgericht abgelöst. Aus der früheren Gerichtstätigkeit sind noch große Aktenstöße vorhanden, die für den Chronisten eine reiche Fundgrube darstellen. Vor 200 Jahren wurden Rechtshändel mit ungeheurer Umständlichkeit geführt, vor allem bei Haus- und Grundstücksverkäufen versuchte man durch peinliches Festlegen der Eigentumsverhältnisse alle späteren Streitigkeiten unmöglich zu machen.
Im folgenden sei eine Bauerlaubnis des Ohorner Gerichts aus dem Jahre 1748 wörtlich wiedergegeben:
In nomine sanctissimae trinitatis:
zu wißen sey hiermit, denen es von nöthen, daß heute unter gesetztem Dato zwischen Sr. Excelenz, dem Hochwohlgebohrenen Herrn, Herrn Johann Niclas von Maxen, hochverordnetem Landes-Hauptmann des Markgrafentums Nieder-Lausitz, Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn auf Ohorn, Obersteina, Stregau, Liebesitz, Casa an einem und Johann Christian Schänzeln aus Geißdorf ein ehrlicher und unwiderruflicher Erb-Contrakt gehandelt, verabredet und beschloßen worden:
nehmlich:
es ist obgemeldeten Johann, Christian Schänzeln ein Häußgen auf das wüste Land bei der Schenke allhier zu bauen von hochverordneter Herrschaft vergönnt oder bewilligt worden, wofür er ein jährliches Dienstgeld — baares Geld — als 1 Thlr. 12 Groschen Termino Mich. und 1 Thlr. 12 Groschen Termino Walpurg. gnädiger Herrschaft entrichten soll und will, auch damit Termino Walpurg. 1748 den Anfang gemachet, außerdem und sonst ist er von allen ferneren Beschwerungen befreyt, alßda sind: Land- und Rauchsteuern, Fron- und Hofdienste, Spinnerey, Miliz-Beschwerungen und wie sie anizo an hohe Landes Obrigkeit contribuieret werden sodaß nach richtiger Abführ- oder Bezahlung seiner vorgesetzten Termin-Gelder er sowohl als seine Nachkommen ungehindert und ungekränkt seyn und bleiben sollen. Es wäre denn, daß von Hoher Landesobrigkeit neue Anlagen oder Quatembersteuern oder wie sonst Namen haben auf dergleichen hießige Häuser gelegt würden, und verbleibet es lediglich Seitens hochvermeldter Herrschaft bei obig versprochener Freiheit, sodaß er durchaus nicht irgend eines anderweitig bey nahe an dießem Häußel Grund und Boden ohne ausdrückliche Herrschaftliche Concession sich anmaße: gleichwie nun mehrvermeldter Johann Christian Schänzel oder dessen Nachkommen bei ob beschriebener Freyheit jederzeit zu schützen versprochen worden ist: alß haben Hochvermeldte Gnädige Herrschaft diesen Accord nach offernannter Schänzels gewöhnlichermaßen abgelegter Unterthanen-Pflicht eigenhändig unterschrieben und mit deroselbten angebohrenen Hochadlichen Petschaft bekräftiget:
So geschehen: Hauß Ohorn 25sten Juni Ao 1748(Siegel)
Johann Niclas von Maxen
Hochadlig Max`scher Gerichts-Direktor allda
Traugott Reichel.
Sehr hart geahndet wurde das Wildern. Die armen geplagten Bauern wußten sich oft keinen anderen Rat, sich vor Wildschäden zu schützen, als das in ihre Felder einbrechende Wild zu fangen oder auch abzuknallen. Unsere dichten Wälder sollen früher ungeheuer viel Wild beherbergt haben. Es wurde von den herrschaftlichen Forstbeamten, den „Wildnern“, sorgsam gehegt. Sie hatten Erlaubnis, jeden Wilddieb — oder den sie dafür hielten — ohne Umstände zu erschießen. Die Bauern durften die an den Wald grenzenden Felder lediglich durch einen Wildzaun schützen.
In den Gerichtsakten finden wir einen Eintrag vom Jahre 1770: „Michael Prescher, ein Häußler und Bandmacher in Meißnisch-Ohorn, wurde wegen Herumziehens und Schießens mit der Flinte im herrschaftlichen Holz mit 69 Thalern bestraft“ (dieser hier genannte Michael Prescher ist der erste Ohorner Bandmacher gewesen).
Am 11. Oktober 1712 hat auf unserem Schleißberge eine grausige Hinrichtung stattgefunden. Es wurde dort „der Regina Schuster aus Hauswalde als einer Kindesmörderin in ihrem 40. Jahre vom Pulsnitzer Henker der Kopf mit einem Grabscheit abgestoßen und aufs Rad geleget“.