Entwicklung - Böhmisch-Ohorn und Meißnisch-Ohorn
Meißnisch-Ohorn auf der linken Seite der Pulsnitz dürfte um das Jahr 1400 entstanden sein. In einer Urkunde vom Jahre 1375 wird jedenfalls noch von einem Acker gesprochen. Bis zum Jahre 1607 bestanden die beiden Ohorn, jedes als selbständige Gemeinde, nebeneinander. Böhmisch-Ohorn war dem Böhmenkönig untertan, Meißnisch-Ohorn dem Markgrafen zu Meißen. Der Ortsrichter von Meißnisch-Ohorn bewohnte die Philippsche Wirtschaft im Oberdorf. In Böhmisch-Ohorn war Freudenbergs Wirtschaft der Ortsrichtersitz. Aus der Zweiteiligkeit erklärt sich auch die eigenartige Hausnumerierung in Ohorn, die jeden neuen Briefträger zur Verzweiflung bringt. Die böhmische Seite ist fortlaufend für sich numeriert, von Nr. 143 bis Nr. 180 sind die Häuser links der Pulsnitz in Ober- und Mitteldorf bezeichnet, so daß zuweilen gegenüberliegende Häuser ganz verschiedene Nummern aufweisen. Die Nummern 138 und 139 sucht man übrigens vergeblich. Es sind wahrscheinlich die Nummern der beiden Häuser an der Ziegelscheune am Tellerweg gewesen. Diese Häuser sind aber schon seit 100 Jahren verschwunden. 1607 vereinigten sich beide Orte, behielten jedes aber ängstlich eigene Verwaltung. 1838 erschien die Landgemeindeordnung, die in Ohorn zu einem Kuriosum führte: auf Grund dieser Ordnung entstanden nämlich hier vier selbständige Gemeinden, jede mit eigenem Gemeindevorstand und Gemeindeausschuß. Diese vier Gemeinden hießen:
- Ohorn, Lausitzer Seite, Rusticalanteil (bäuerlicher Grund und Boden im Ober- und Mitteldorf rechts der Pulsnitz),
- Ohorn, Lausitzer Seite, Dominalanteil (herrschaftlicher Grund und Boden; Fuchsbelle und Gickelsberg),
- Ohorn, Meißner Seite, Rusticalanteil (Ober- und Mitteldorf links der Pulsnitz und Röderhäuser),
- Ohorn, Meißner Seite, Dominalanteil (Waldhäuser).
Nicht genug damit, gab es neben diesen Gemeindeverbänden noch die sogenannte Altgemeinde. Sie bestand aus 15 Bauern, 7 sogenannten Gärtnern und 11 Althäuslern. Diese Gemeinde in der Gemeinde hatte die Pflicht, sämtliche Dorfwege in Ordnung zu halten. Diese Pflicht hat sie durch all die Jahrhunderte ihres Bestehens arg vernachlässigt, so daß die Dorfwege oft in erbärmlichem Zustande waren. In den Gemeindeakten lesen wir von nicht endenwollenden Streitigkeiten zwischen den politischen Gemeinden und der Altgemeinde, bis endlich im Jahre 1884 die Altgemeinde aufgelöst wurde.
Die vier oben erwähnten Einzelgemeinden wurden am 28. März 1857 aufgelöst. Dieses Datum ist also der Geburtstag der Gesamtgemeinde Ohorn.