Bye bye, Lübben City
Angeregt durch einen Artikel in der Sächsischen Zeitung von gestern wurde mir heute mal wieder meine Vergangenheit in Erinnerung gerufen. Was waren das für wilde Zeiten, als wir mit Kalle, Schulle, Trümmel, Vaclav, Paul, Münke, Tommy, Leukert, Berger, Hippie, Marx, Juri, Sachs, Müller, und und und … jedes Wochende auf Piste waren. An Orten die keiner kennt, Gehren, Werben, Freiwalde, Rietzneuendorf, Pfaffendorf und und und … Orte ohne Bahnanschluss, keinen Busverbindungen, immer mindestens 5km Anmarsch 😉
Schlafsack am Mann wurde in Abruchhäusern, Scheunen, Bauwagen oder auch einfach draußen übernachtet, herrlich. Neben den im Artikel erwähnten Bands war ich oft bei Hansi Bibl, Jonathan Blues Band, Travelling, aber Monokel war der Favorit.
In Medingen war ich übrigens dazumal nie, einmal nach der Wende bei Monokel ausgenommen.
Und nun der Artikel, schön das es sowas noch gibt:
Medingen ist und bleibt ein Kultur-Biotop
Medingen. Vor der Wende spielten im Orts-Gasthof Bands wie Engerling, Freigang oder Monokel. An diese Tradition will man anknüpfen.
Wissen Sie, was ein Tanz- Regulativ ist? Um mehr zu erfahren, muss man in den Landgasthof Medingen fahren. Dort hängt ein königliches Gesetzblatt aus dem 19.Jahrhundert über dem Stammtisch. Interessant: Versteckt hinter dem Anspruch von Moral- und Sitte bildet sich auch das königlich-sächsische Informationsbedürfnis zu Menschenansammlungen ab. Anmeldefristen für Veranstaltungen waren der Einstieg in die Überwachung.
Mit staatlichen Informationsbedürfnissen war der heute 55-jährige Gastwirt auch in der DDR konfrontiert. Telefonmangel ließ die Kommunikationsüberwachung in den Gaststätten interessant erscheinen. Auch hier wurden Anmeldefristen für Veranstaltungen genutzt, um den „Trojaner-Einsatz“ effektiv zu planen. Er hatte mit den Jahren ein sicheres Gefühl für Spitzel entwickelt. In manchen Veranstaltungen wurden sie sogar vom Mikrofon aus begrüßt und herzlich willkommen geheißen. Darauf folgte meistens ironisches Gelächter. „Jeder Veranstalter hatte seine eigene Art gefunden, damit umzugehen“, erinnert sich Jörg Eyting.
Mit Medingen dürften sich einige Stasi-Akten beschäftigen. Denn dort wuchs zu DDR-Zeiten ein besonderes „Kultur-Biotop“. Die damalige IG Blues holte Bands und Solisten mit klaren Botschaften in das kleine Dorf. Diese Künstler tauchten weder im DDR-Rundfunk noch im Fernsehen auf. Genau das machte sie für Jugendliche von damals interessant. „Zopf“, „Freigang“, „Monokel“, „Engerling“ oder Solisten wie Stefan Diestelmann brachten es auf Besucherzahlen, die die Kapazitätsgrenzen des Medinger Saales weit überschritten.
Publikum kommt heute noch
Der Gasthof Medingen ist ein Kult-Kulturort geblieben. Für die Bands, die hier gigantische Erfolge feierten sowieso, aber auch das damalige Publikum kommt heute gern zurück. Um sich in das gemeinsame Gefühl der Vorwende-Zeit zurückzuversetzen, reist man inzwischen aus großen Entfernungen an. Auch wenn nach der Wende die sozialen Karten neu gemischt wurden, hier will man sich immer noch kennen.
Gemeinsame Stunden im Geist der „Klaus Renft Combo“ oder deren künstlerischen Ablegern sind Kult. Auch bei „Freigang“ oder der Monokel-Bluesband ist das so. Ein „Wir-Gefühl“ verbindet die Leute noch heute. Egal, ob sie sich gerade im Hartz IV-Dilemma oder auf dem Erfolgstrip befinden.
Das Nachwende-Tief für Ostbands war im Kulturbiotop ganz schnell überwunden. Birgit Röthig aus Ottendorf-Okrilla schob die Veranstaltungen bald wieder an. Allerdings wurde das Kostenrisiko für die IG Blues bald unüberschaubar. In diesem Moment stand vieles auf dem Spiel. Gastwirt Jörg Eyting stieg als Veranstalter ein.
Noch heute sind einige IG-Mitglieder unter seiner Flagge dabei, wenn der Gasthof seine Veranstaltungen durchführt. Das Tanz-Regulativ hängt noch heute neben vielen anderen lustigen Schaustücken über dem Stammtisch. Auch der Kreishauptmann grinst im Rahmen. Deutlich wird: Mächtige finden gern Gründe, um das Volk im elektronischen Auge behalten zu können. Heute heißen sie Lidl, Schäuble oder wie auch immer.
Quelle:
Sächsische Zeitung, von Bernd Goldammer, Foto: Bernd Goldammer
Ausgabe von Dienstag, 22. April 2008
Anmerkung von Olaf: Liebe SZ, die Band „Freigang“ schreibt sich „Freygang“
Noch mehr Informationen:
Buchtipp:
Bye bye, Lübben City - Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR
Monokel gibts seit einiger Zeit 2x:
Monokel (Kühnert, Linke)
Und hier noch mal bei MySpace, mit Hörproben
Monokel Blues Band (Speiche)
Engerling
Jonathan Blues Band bei Youtube
Bye bye, Lübben City
Er heißt Andreas, Micha oder Frank
Und wohnt in Lübben, Frankfurt oder anderswo
In der Woche ist er Koch oder Schlosser
Oder Stift, bei Meister Sowieso.
Er steht auf Karussell, auf Bier und Monokel
Und auf singende Schlaftabletten, ach i woAm Wochenende steht er auf der Piste
Und zeigt seinen Daumen vor
Die Musik, die da gespielt wird, wo er hin will
Hat er lange schon im OhrBye bye, Lübben City
Und endlich kann er wieder auf TourEr heißt Andreas, Micha oder Frank
Und Montag sieht er immer etwas müde aus.
Er hat die Kilometer noch in den Knochen
Und die Andern kommen aus dem Fernsehhaus.
Er sagt: Gib Gas, liebe Woche
Und Freitag rastet er dann wieder aus.Er sagt: Gib Gas, liebe Woche
Bye bye, Lübben City
Bye bye, Lübben City
Und Freitag rastet er dann wieder aus.
#1 peter der teufel hat am 27. 03. 2009 um 22:51 gesagt:
bin damals mit Euch lange umhergereist Umgebung Cottbus Ehst.
Berlin. wie geht es Euch? Was macht Speiche? Ich habe früher auch Bass gespielt. (Blues) Ich wünsche Euch alles Gute.
#2 Olaf hat am 30. 03. 2009 um 12:44 gesagt:
Hi Peter du Teufel 😉
echt? mit uns? kennt man sich? so sagt mir das erst mal nichts.
Ich hab dir mal ne Mail geschrieben, hoffe auf Antwort.
#3 H.-Peter Drömert hat am 09. 02. 2022 um 16:46 gesagt:
suche Fotos der Band
„Erdmann&Co“ Rock/Blues 1980-
#4 Heiko Schmidt hat am 07. 06. 2022 um 13:29 gesagt:
Schön euer Bericht über die Blueser Szene. Auch ich bin jedes Wochenende geträmpt und habe genannte Bänds besucht, was für eine schöne Zeit.Meistens waren wir in Freiwalde. Habt ihr noch Bild oder Tonmaterial aus dieser Vorwendezeit.Macht weiter so. Heiko
#5 Cottbusser hat am 31. 08. 2022 um 13:47 gesagt:
Wenn Erdmnann@Co
in Altdöbern zum Open Air waren habe ich diese bestimmt als Bild in Altdöbern
Monokel war seit 1976; mein Non plus Ultra unvergessen die Silvester Party Schlacht in Rietz Neuendorf , Die LO’s der Bereitschaftspolizei hatten das Dorf hermetisch umzingelt aber es gab gott sei dank keine Vorkommnisse bis auf das der Saal brechend überfüllt war ! Mario Janik mit Kopftuch am Schlagzeug , Gala mit Blindenabzeichen am Arm….
bis dann die Umbesetzungen kamen , Lello Kuhle u.s.w
dann Pläternwald Berlin vor 30.000
Blues unter dem Riesenrad
Die Erde bebte …
Familienväter und Mütter hielten ihren Kindern die Augen zu
um ihnen den Anblick der langhaarigen bärtigen Parka Jeans tragenden Blueser zu ersparen…ich muss heute immernoch schmunzeln was damals dort abging…MONOKEL war Kult!!!! Sogar Engerling etwas neidisch war ob der Fanszene von MONOKEL